Artist talks im Garten

Denis Kudrjasov, Moritz Lacler, Marja Marlene Lechner, Okka Esther Hungerbühler, Mary Audrey Ramirez, Diana Sirianni, Peter Branger, kuratiert von Peter Branger

HfbK Hamburg, UdK Berlin, (Stud./Abs) Prof. Andreas Slominski, Manfred Pernice, Robert Lucander, Thomas Zipp, Gregor Schneider.

Westwerk, Admiralitätstr.74, 20459 Hamburg
Eröffnung: 16.10. ab 19:00 Uhr, Ausstellung: 17.10.-25.10. 16-19:00 Uhr

„Erst bis wir uns ganz verirrt oder umgedreht haben – denn der Mensch braucht nur einmal in der Welt mit geschlossenen Augen herumgedreht zu werden, um verirrt zu sein – , lernen wir die Weite und Fremdartigkeit der Natur schätzen. Nicht eher, als bis wir verloren sind – mit anderen Worten: bis wir die Welt verloren haben – , fangen wir an, uns selbst zu finden und gewahr zu werden, wo wir sind und wie endlos ausgedehnt unsere Verbindungen sind.“ 
H. D. Thoreau - „Walden“

Das Erklären, das Übersetzen, das Verstehen, das Auslegen, das Herauslesen von Sinn und Bedeutung von Dingen und Vorgängen könnte man als Teile eines hermeneutischen Vorganges betrachten, Hermeneutik an der Realität. Die Künstler/ Innen reflektieren über die Einbindung, und Verankerung, sowie auch über die Entfremdung des Individuums in der Gesellschaft deren Strukturen sie untersuchen. Sie reflektieren über ihre eigene Nähe - Distanz zu ihrem sozio- kulturellen- politischen- religiösen Umfeld, über ihre eigene Rolle und ihren eigenen Platz in diesem Umfeld, welches angenommen/ abgelehnt wird und darüber hinaus über ihr Verhältnis zu sich selbst, als Teil dieses Kontextes. Durch Manipulationen am Illustrativen, am berichtenden Abbild wird das Banale mit einem Subtext versehen, Bilder akademischer und populärer Quellen werden herangezogen, und der Umgang mit diesen Bildern kritisch untersucht. Wissenschaftliches - Dokumentarisches, Märchenhaftes - Fiktionales, Konstruktion und Dekonstruktion, Ordnung und Chaos wechseln sich ab, es entstehen kodierte Werke. Die Künstler/ Innen finden sich selber zwischen zwei Bereichen wieder. Auf der einen Seite der „Bildraum der Wirklichkeit“ (Jeff Wall) und auf der anderen Seite das kodierte Kunstwerk. Beide Bereiche erfahren sie in Teilen und in Abfolge als bekannt und anders. Die Reflexion über die Oszillation zwischen bekannt und anders ist Thema von „Artist talks im Garten“.

Die Studierenden/ Meisterschüler/Innen der Ausstellung beschäftigen sich meist, mit Ausnahme von O. E. Hungerbühler die auch malt und performt, wie M. M. Lechner auch, mit dem Konstrukt. Sie erstellen Konstrukte bei denen die verschiedensten Materialien, Objekte, Filmabläufe, Tonspuren defunktionalisiert, in z. T. absurde, komische oder befremdende neue Verbindungen eingebaut werden. Das Bauen, das Basteln, (auch in Verbindung mit Technologie: Hungerbühler, Lechner) das Zusammenfügen, das Zitieren ist vielen wichtig. „Ein überschwängliches Zitieren von Versatzstücken der Trash- und Eventkultur kann man auch Hungerbühler nicht absprechen. Muss Kunst unterhaltsam sein?“ schreibt Cosima von Bonin beim Art Prize Berlin. D. Sirianni beschäftigt sich mit der Reproduktion und Rekonfiguration von Arbeiten in architektonischen Räumen mittels 3D Photoshop Verarbeitung an Hand von Collagen, Modellen, Raummodellen. Oft sind es auch Fundstücke (Kudrjasov, Lechner, Lacler) die neu benannt, in neue Zusammenhänge gestellt werden. M. A. Ramirez baut Objekte ausgehend von z. B. Jagd- oder Seemannslieder, die sie mit Mythen und Ritualen in Verbindung bringt, wie die Sisyphusarbeit. Andere Objekte sind für ihren Körper, sie visualisieren einen bestimmten psychischen Zustand. Die Konstruktionen in der Ausstellergruppe bewegen sich zwischen Befremdung, Humor, Komik, Pseudofunktionalität und zarter Poesie. Die Ausstellung ist Teil eines Projektes welches 2016 im Kunstquartier Bethanien in Berlin weiter laufen wird.

Peter Branger
www.peterbranger.de